Unterhalsmuskulatur Pferd

Mit Blick auf die Halsmuskulatur des Pferdes sollte das Ziel des Trainings sein, ein ausgewogenes Verhältnis von Oberhals und Unterhals zu erhalten. Doch manchmal ist das gar nicht so einfach. Wenn Du zum Beispiel ein Pferd übernommen hast, dass über lange Zeit falsch bewegt wurde, kann es sein, dass die Unterhalsmuskulatur dominiert. Es gibt aber noch weitere Gründe:

Bei manchen Rassen wird viel Wert darauf gelegt, Pferde mit einer hohen Aufrichtung zu züchten. Dazu gehören beispielsweise Araber oder Isländer. Jeder kennt die Bilder von Gangpferden, die mit einem hoch erhobenen Kopf tölten. Arabern verleiht diese hohe Aufrichtung ihren stolzen Ausdruck. Durch diese herein gezüchtete hohe Kopfhaltung fällt es den Pferden schwerer, in die Dehnungshaltung zu finden.

Ein weiterer Grund für eine starke Unterhalsmuskulatur kann darin liegen, dass das Pferd falsch trainiert wurde. Häufig findet man einen starken Unterhals oder Hirschhals bei Pferden, die es nie gelernt haben, den Rücken aufzuwölben. Das Durchdrücken des Rückens und gleichzeitige Anspannen der Muskulatur des Unterhalses kann verschiedene Ursachen haben. Es kann ein Vermeidungsverhalten sein, wenn zum Beispiel die Ausrüstung nicht richtig passt und Schmerzen bereitet.

Ist die Reiterhand nicht weich und nachgiebig genug, versucht das Pferd, sich dem unangenehmen Druck im Maul zu entziehen. Entweder verspannt es das Maul und legt sich auf das Gebiss oder enthebt sich den Reiterhilfen. In beiden Fällen wird die Unterhalsmuskulatur angespannt. Übrigens gibt es auch Pferde, die augenscheinlich in der Senkrechten laufen und trotzdem die falsche Halsmuskulatur anspannen. In diesem Fall spricht man vom „falschen Knick“.

Die meisten Hilfszügel täuschen ebenfalls eine korrekte Haltung vor, allen voran Ausbinder, Stoßzügel und Halsverlängerer. Hier gilt der altbekannte Spruch: Druck erzeugt Gegendruck. Starre Hilfszügel erzeugen Druck auf das Gebiss. Das Pferd versucht, durch ein Anspannen der Muskulatur diesem Druck auszuweichen.

Welche Funktion hat die Unterhalsmuskulatur?

Der Oberarm-Kopf-Muskel (m. brachiocephalicus) hat in der Bewegung die Aufgabe, die Vorderbeine des Pferdes nach vorne zu führen. Läuft das Pferd mit aktiver Hinterhand in der Dehnungshaltung, ermöglicht er einen weiten Raumgriff.

Bei einer hohen Aufrichtung kann das Pferd durch den Oberarm-Kopf-Muskel die Vorderbeine sehr hoch anheben. Eine weite Bewegung nach vorne ist jedoch nicht möglich. Steht das Pferd mit allen vier Beinen auf dem Boden, hat der musculus brachiocephalicus die Aufgabe, Kopf und Hals nach unten zu bewegen und dort zu fixieren. Dementsprechend wird er benötig, wenn das Pferd mit tiefer Kopfposition frisst. Der Muskel ist ebenfalls an der Seitwärtsbewegung des Kopfes beteiligt.

Weitere Muskeln des Unterhalses sind u.a. der Schulter-Hals-Muskel (m. omotransversarius), der eine ähnliche Funktion wie der Oberarm-Kopf-Muskel hat und der Brustbein-Unterkiefer-Muskel (m. sternomandibularis), der an der Öffnung des Mauls und der Fixierung des Unterkiefers beteiligt ist.

Halsmuskulatur Pferd

Welche Probleme entstehen durch eine zu starke Unterhalsmuskulatur?

In erster Linie wird es dem Pferd schwer fallen, in die Vorwärts-Abwärts-Haltung zu finden. Wird das Pferd permanent mit angespannter Unterhalsmuskulatur gearbeitet, entstehen schmerzhafte Verspannungen, die sich vom Genick über den Hals bis zur Rückenmuskulatur erstrecken können. Muskelverkürzungen sind ebenfalls möglich.

Durch diese Muskelverpannnungen ist die Funktion des Oberarm-Kopf-Muskels eingeschränkt. Das Pferd kann die Vorderbeine nicht mehr locker nach vorne führen und vom Boden lösen. Dadurch kann es passieren, dass es stolpert.

Was kann ich tun, wenn mein Pferd eine starke Unterhalsmuskulatur hat?

Als erstes solltet ihr Ursachenforschung betreiben. Wurde zu wenig Wert auf gymnastizierendes Training gelegt? Passen Sattel und Trense? Ist meine Zügelführung weich und nachgiebig? Welche Ausbinder verwende ich? Hat mein Pferd aufgrund seines Exterieurs eine Neigung zu hoher Aufrichtung?

Im nächsten Schritt geht es darum, Ursachen auszuschalten. Die Ausrüstung mit Hilfe eines kompetenten Sattlers überprüfen, den eigenen Sitz mit einem Trainer verbessern.

Bevor es nun an ein angepasstes Training geht, sollte die verspannte Muskulatur von einem Physiotherapeuten  durch Massagen und Dehnungen gelockert werden. Wenn wir uns vorstellen, dass wir uns über eine lange Zeit hinweg mit einer Fehlhaltung bewegt haben, können wir uns vorstellen, dass die verkrampfte Muskulatur zunächst gelöst werden muss, bevor wir neue Bewegungsmuster erlernen können.

Erst danach beginnt das Training. Hier wäre eine Korrektur der Haltung durch die Verwendung von Hilfszügeln der falsche Weg, auch wenn sie optisch eine schnelle Lösung bieten.

Ihr solltet zunächst vom Boden trainieren. Der Einsatz eines flexiblen Körperbandes hat sich in meiner Arbeit bewährt. Es verleiht dem Pferd Sicherheit und aktiviert die Hinterhand. Nur mit einer Hinterhand, die Last aufnimmt, findet das Pferd in die Dehnungshaltung.

Eine Korrektur ohne Hilfszügel dauert  zwar länger, ist dafür aber nachhaltiger. Lernt das Pferd ohne Hilfsmittel, Kopf und Hals fallen zu lassen, wird diese Haltung in Fleisch und Blut übergehen und ist auch in Situationen abrufbar, in den auf gar keinen Fall Hilfszügel verwendet werden sollen, wie zum Beispiel im Gelände.

Wie immer gilt: Habt Geduld mit euch und euren Pferden! Übt zunächst im Schritt und lobt jede Bewegung in die richtige Richtung. Es ist sehr wichtig, dass das Pferd schon bei einem kurzen Absenken des Kopfes eine positive Rückmeldung erhält.

Ein Unterhals lässt sich nicht immer innerhalb kürzester Zeit wegtrainieren. Aber eure Geduld wird sich auszahlen. Als Dank erhaltet ihr entspannte Pferde.

2 Kommentare

  1. Hast du einen link für das elastische körperband?

    1. Christina Wollseifen
      Author

      Liebe Jenny,
      dafür kannst Du jede gängige Bandage für Pferdebeine verwenden.
      Liebe Grüße,
      Christina

Schreibe einen Kommentar zu Christina Schumann Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*